Hallo Alle,
es ist wieder soweit – die Kettensäge droht.
Und wir wollen nicht tatenlos zuschauen, wenn im Wannseebahngraben fast die gesamte Natur vernichtet wird!!!
- 91 Bäume sollen gefällt werden, zudem das gesamte Unterholz gerodet.
- Die Crellestr. 22a soll endlich die angepriesene “Weitsicht” bekommen, pünktlich zum Einzug der freudig erwarteten neuen Mitbürger.
Wir haben uns gestern mit etlichen Leuten getroffen und beschlossen, Präsenz zu zeigen und die Fällarbeiten zu behindern, wenn möglich, sogar zu verhindern. Mit im Boot war auch eine Aktivistin von Robin Wood, die auch noch versuchen wird, ein paar Leute an den Start zu bringen. Mit Micha und mir dazu hätten wir dann auch ein paar Kletterer. Andere Leute könnten Fällfahrzeugen den Weg blockieren und sich um die Bäume gruppieren, die gerade dran sein sollen.
Wir müssen ab morgen – bis nächsten Samstag mit dem Beginn der Arbeiten auf der “Arbeitsfläche” (Zitat Grüne) rechnen. Also 6 Tage. Danach beginnt die Vegetationsperiode. Eventuell können die Absäger noch juristisch gestoppt werden, aber das ist eben nicht sicher.
Ab morgen früh um 6.00 Uhr brauchen wir vor allem eins: Menschen!!!
Wir wissen, dass es kalt ist, dass es verdammt früh und sehr ungemütlich ist, dass meist alles umsonst ist, weil die Naturzerstörungs-Combo sich am Ende fast immer rücksichtslos durchsetzt… aber wollen wir uns wirklich friedlich in unseren Betten drehen, während draußen die Kettensägen loslegen???
Wer noch Freunde, Nachbarn etc. mobilisieren kann, bitte tut es!
Ansonsten können wir noch vieles weitere mehr gebrauchen:
- Spenden – wir starten einen Rechtsstreit gegen das Bezirksamt.
- Wer noch ein Transparent oder Plakate malen kann, bitte mitbringen, wir hängen sie auf!!!
- Des weiteren: Alte Zelte, Schlafsäcke, Decken, Seile, Klettergurte, Planen, Wärmflaschen.
(Wer kennt den Typen aus der Crellestr. 19/20, der uns damals Kletter-Utensilien geliehen hatte, weiß noch, wie er hieß, in welchem Stockwerk er wohnt, hat vielleicht Kontakt??) - Tische, Klappstühle, Bierbänke
- Thermoskannen, gefüllt mit Tee/Kaffee
- Frühstück, vegetarische Suppen, Schokolade etc.
Bitte schreibt, wenn Ihr morgen dabei seid.
Und wer noch Materialen für uns zur Verfügung hat, bitte heute – am besten telefonisch – melden, unter. 0172-3977701
2 comments on “Das Crelle Horn”
Liebe Freundinnen und Freunde,
vor einigen Tagen erfuhr ich, eher per Zufall, vom Tod unserer langjährigen Freundin Anja. Auch wenn die Nachricht nicht wirklich überraschend kam, so ist doch die damit verbundene Endgültigkeit erschütternd. Wir alle spüren es deutlich, mit jeder und jedem die oder der von uns geht, verlieren wir, unser Kiez, unsere Welt ein Stück eigenes Leben, eigene Identität. So werde ich die exklusive fröhlich-herzliche Begrüßungsformel: „Hola Guapa“, „Hola Guapo“, immer und nur mit Anja in Verbindung bringen.
Neben den Aktivitäten und Protesten im Zusammenhang mit den drei Linden – das war vor 11 Jahren -, dem Bau in der Crellestraße 36 und dem Erhalt des „Crelle-Urwalds“, in denen sie eine zentrale Rolle spielte, verband uns die Kenntnis einer Region in Süd Indien: Kerala und Karnataka. Hier insbesondere der Ort Kovalam Beach und die Stadt Mysore. Daneben auch die faszinierende Malabar-Küste zwischen Quilon und Allepey.
Kovalam Beach
Insbesondere Kovalam Beach ist mit besonderen Erinnerungen verbunden. Ich war, animiert durch Thomas M., den ich auf Sri Lanka kennen gelernt hatte zum Handlungsreisenden animiert worden. Mir tropfte seit der nächtlichen Zugfahrt von Colombo nach Jaffna die Nase wie ein undichter Wasserhahn. Wir waren in den imposanten Hindutempeln von Rameshwaran und Madurei gewesen, hatten viele Stunden in total überfüllten Bussen und Zügen verbracht und wollten nun versuchen, zwei Kassettenrecorder der Marke Panasonic zu verkaufen. Uns schwebte eine Gewinspanne von 100% vor. Das sollte es schon sein, und das hört sich einfacher an als es war. Inder, das mussten wir schnell erfahren, sind harte, gewiefte Verhandlungspartner. Wir beobachteten die Szene und entwickelten eine Strategie. Ob die letztlich Erfolgreich war, weiß ich bis heute nicht, der Gewinn blieb hinter den Erwartungen zurück. Trotzdem war das gut angelegtes Leergeld, und, wir brauchten drei Tage. Was und wie sich das abspielte, ist eine ganz besondere Geschichte, und eines dieser kleinen Abenteuer die letztlich die Würze solcher Reisen sind.
Kovalam Beach war eine mittelgroße Bucht an der Westseite des indischen Subkontinents, gar nicht weit entfernt von Cape Comorin, der südlichsten Spitze Indiens und einer der Anlaufpunkte von Backpackern, die als Erholung nach der Mühsal des Reisens in den öffentlichen Verkehrsmitteln dienten. Entsprechend war die „Infrastruktur“. An feste Häuser oder gar Hotels konnte ich mich nicht erinnern.
Anja, mit ihrer Affinität zu Indien, war gut 30 Jahre später dort gewesen und hatte Fotos gemacht. Die Veränderung, manche nennen es Fortschritt, war … um nicht zu sagen erschütternd. Erschütternd? Nun ja, es hatte durchaus Ähnlichkeit mit Situationen an der Costa Brava. Nur der Leuchtturm stand noch auf der Granitklippe. Ohne ihn hätte ich bestritten, das es dieselbe Situation war.
Backwaters
Auch unsere Reise auf den Kanälen, oder besser durch die aquatische Landschaft der Malabarküste war von der Anjas durchaus unterschiedlich. Thomas und ich waren mit einer dieser regulären Fähren unterwegs gewesen. Relativ kleine Schiffe mit Dieselmotor in einem Käfig aus grün gestrichenen Gartenzaunlatten der höllischen Lärm machte und die immer überfüllt waren. Es wurde alles transportiert, Säcke voll Kokos, Reis, Cashew, Hühner und Fahrräder. Häufig legte der Steuermann gar nicht an. Er drückte das Schiff vorsichtig aber gekonnt an die eher wackligen Stege, Passagiere sprangen von Bord, andere drauf, Säcke wurden rüber geworfen, und schon ging es weiter. Der Steuermann kommunizierte mit dem Maschinisten über eine Leine, an der eine Glocke hing. Der Code war einfach: entweder Ping, oder zweimal Ping – also Ping, Ping. Die Bilgenpumpe war wohl kaputt oder von den in manchen Abschnitten wild wuchernden Wasserpflanzen verstopft. Es gab Situationen, da sah man gar kein Wasser mehr und man hatte den Eindruck man könnte darüber laufen wie auf einem weiten Rasenfeld.
Ja, die Bilgenpumpe, oder das eindringende Wasser wurde zunehmend zum Problem. Das Land trat zurück und es sah aus, als fuhren auf dem Meer. War es der Vembanadsee? Irgendwo im Bauch des Schiffes füllte einer die Eimer, die der Maschinist über Bord kippte. Die Frequenz des Kippens erhöhte sich und die Maschine dröhnte volle Kraft voraus. Neben mir schlief Thomas, dessen Wiegenlieder offensichtlich aus dem Sound von Dieselmotoren bestanden hatten. Er merkte nicht, wie wir aufsetzten, das Schiff erst langsamer, dann wieder schneller und dann wieder langsamer wurde. Das wiederholte sich, wir hatte Grundberührung, und ich dachte, „ach du dickes Ei, wenn wir jetzt steckenbleiben, und der zweite Kassettenrecorder ist noch nicht verkauft, und ich muss ans Ufer schwimmen mit meiner Reisetasche auf dem Kopf, und hoffentlich gibt’s keine Krokodile.“ Es war schon dunkel als wir in Alleppey ankamen, ein großartiger Tag, die Unterkunft war beschissen und wir hatten kaum noch etwas zu essen.
Anja zeigte mir ihre Fotos von der selben Reiseroute. Sie war mit einem Kettuvallam in den Backwaters unterwegs gewesen. Diese Hausboote, aus ehemaligen Lastkähnen umgebaut, gab es damals noch nicht. Und selbst wenn, hätten wir sie uns vermutlich nicht geleistet, oder leisten können. Sicher eine sehr schöne, ruhigere, aber doch ganz andere Erfahrung der Kanäle und Lagunen, mit funktionierender Bilgenpumpe und ohne Schmuggelgut im Gepäck.
Mysore
Es ist auch der Logik des Reisen zu verdanken, dass wir an einem Ort gewesen waren: Mysore. Anja hatte viele Fotos im Zoo der Stadt gemacht. Wir saßen vor einem der Cafés in der Akazienstraße als sie mir die zeigte. Ich erinnre mich an Bilder von einem indischen Leoparden. Weder von dessen Existenz – ich hatte diese Art ausschließlich in Afrika lokalisiert – noch hatte ich gewusst, dass es einen Zoo in Mysore gab.
Damals, Ende Januar 1983, waren wir, auf dem großen Sprung nach Goa, in der Stadt hängen geblieben. Wir wohnten billig und nicht gut. Unsere Hauptmahlzeit bestand aus einer riesigen Papaja. Die Bude lag im ersten Stock, war klein, hatte aber einen schmalen Austritt, von dem man aus das Gewusel auf der Straße bestaunen konnte. Zwischen den großen, zweirädrigen Handkarren, den Rikschas, den Trägern mit Säcken oder Körben auf Schulter oder Kopf, steckten die hochbeladenen, schnauzigen Pritschen LKW der Firma Tata fest. Ein Lizenzbau der Daimler Benz AG aus den 50ger Jahren. Sie wirkten stoisch wie gutmütige Fossilien, oder besser, wie Verwandte der indischen Elefanten und hatten auch deren Farbe. Ihre Trompetenstöße mischten sich mit den anderen vielfältigen Geklapper und Geschrei des Gedränges zu einem freejazzigen Sound, der sich im Morgengrauen heranschlich, zu einem über den ganzen Tag anhaltendes Crescendo anschwoll das erst während des späten Abends abebbte.
Eine Stadt der Gegensätze: die Silkfactory, der bunte Markt, das Kunsthandwerk, der Maharadscha Palast. Mysore war, vielleicht ist, eine faszinierende Stadt.
Schluss
Sie war eines der letzten bunten Vögelchen, ein Relikt der Blumenkinder, sie lebte es bewusst und es passte zu ihr. Irgendwie war immer ein wenig Mysore silk saree, klang immer wenig Sitar, wehte immer ein wenig Patschuli.
„Jamás veremos otro como ella“
R.
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Your point of view caught my eye and was very interesting. Thanks. I have a question for you.