Gustav Heinemann am Innsbruck…er Platz

Sehr geehrter Herr K.,

– offener Brief an den Leiter des Stadtentwicklungsamts Tempelhof-Schöneberg –

ich danke Ihnen für die Zurkenntnisbringung (der Auszüge) des Ergebnisprotokolls des Ideen- und Realisierungswettbewerbs zum Innsbrucker Platz von 1991; auch wenn ich wohl der Verwaltung der BVV zur Last legen muss, dass diese Zurkenntnisbringung in der Stattentwicklungsausschusssitzung im September schon zum wiederholten Male angefordert, und zwischenzeitlich Entscheidungen getroffen wurden, die der Grundlage dieser Zurkenntnisbringung bedürften. (Siehe Drs…)

Außerdem möchte ich vorab angemerkt wissen, dass sich diese Zurkenntnisbringung und -nahme auf die textliche Beurteilung der drei damaligen Preisträger beschränkt; wobei des Ergebnisprotokolls designierte Seiten eins und zwei – wohl den 3.Preisträger betreffend – in der mir zur Kenntnis gebrachten Kopie fehlen.

Aus meiner Erfahrung mit der Jury Sitzung zu dem Wettbewerb um den Neubaus der Gustav-Heinemann-Schule muss ich sagen, dass ich zum Zwecke einer Beurteilung im Rahmen dieses Schreibens auf eine Vervollständigung der Informationen verzichten kann. Es ist absehbar, dass sie nicht einem Zugewinn an meinem zugrundliegenden Verständnis der Materie dienen würde. Ich darf aber auch die Gelegenheit nutzen, um kritisch anzumerken, dass nicht nur das Format der Beurteilung des Preisgerichts eines Ideen- und Realisierungswettbewerbs in den letzten 23 Jahren keine Modernisierung erfahren hat, sondern die Qualität offensichtlich unter Veralterung gelitten hat. – Und das wohl trotz der gewachsenen Ansprüche und Vorkehrungen bei den zum Vergleich stehenden Verfahren. (Siehe Drs BNB)

Anstelle die Unzulänglichkeiten des überalterten Halb-Wissen um den Innsbrucker Platz anhand des Juryprotokolls zu dekonstruieren, möchte ich die Entwicklung meine eigenen diesbezüglich unbedarften Wahrnehmung der Problematik in Erinnerung rufen:

  • Seit ich 2012 innerhalb einer Woche zweimal mit einer Geldbuße von jeweils um die €100.- belegt wurde, weil ich aus der Rubensstrasse kommend, ohne einen Fußgänger weit und breit, rechts über die rote Fußgängerampel auf den Fahrradweg abgebogen bin, überquere ich den Innsbrucker Platz fußläufig fast täglich. (Siehe mündliche Anfrage)
  • Die Entwicklung des Güterbahnhofs Wilmersdorf muß im Zusammenhang gesehen werden – wenn nicht im jetzigen Wissen um den Ideen- und Realisierungswettbewerb, eingebettet in – die großräumige, städteplanerische Entwicklung des Innsbrucker Platzes.
  • Diese großräumige, städteplanerische Entwicklung wiederum muss geleitet sein von der gewachsenen Funktion des Innsbrucker Platzes als Verkehrsknotenpunkt. Denn der Innsbrucker Platz war seit seiner Inception im späten 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts ein Problemfall, weil es sich mit dieser Realität nie abgefunden hat. Mit meinem Antrag, die Einmündung der Rubensstrasse zu einem Kreisverkehr zu machen, versuchte ich für eine solche Perspektive zu sensibilisieren.
  • Einer solchen Betrachtung folgend wird es offensichtlich, dass die Fragmentierung der Autobahn-Innenstadt-Verbindung in der Form des Autobahnkreuzes Südkreuz und des Innsbrucker Platzes langfristig nicht nachhaltig sein kann. Das Autobahnkreuz Südkreuz wird schon im Zuge der EUREF-Planstrasse zu optimieren sein, so dass langfristig die Autobahnausfahrt Innsbrucker Platz retundant wird.
  • Das E-Mobility-Festival könnte genutzt werden, um ein zukunftsweisendes Verkehrsexperiment auf dem „Gütergleisinnenring“ und anderen brach-liegenden Gleisanlagen zwischen dem EUREF-Gelände / Bahnhof Schöneberg, Rubensstrasse / S-Bahnhof Friedenau / Werdauer Weg und dem Innsbrucker Platz zu gestalten.
  • Der ehemalige Güterbahnhof Wilmersdorf, der schon 1991 als Ausgleichsfläche für die städtebauliche Entwicklung des Innsbrucker Platzes vorgesehen war, wird zu einer innerstädtischen Weide für Nutztiere, die sowohl Renate Künasts Postulat „die Natur in die Stadt bringen“ als auch der ehemaligen Molkerei in der Potsdamer Strasse Rechnung trägt. In diesem Zusammenhang soll verwiesen werden auf den entsprechenden Trend, der von dem Aquakulturunternehmen in der Bessemerstrasse angeführt und meinem Vorschlag an Herrn Semer für die Bautzener Brache illustriert wird. (siehe Brief an Semer)
  • Damit soll auch der Realität der sozialen Funktion des Innsbrucker Platzes Rechnung getragen werden, die da gekennzeichnet ist von situationalistischer Obdachlosenunterbringung. Nach meinen Vorstellungen (siehe Drs „Gute Frau“) soll diese durch niederschwellige Angebote unter der Brücke institualisiert werden und so dieser Raum mit Leben gefüllt und genutzt werden. Das ehemalige Gesundheitsamt in der Erfurter Strasse kann dann als Flüchtlingsunterkunft wie beantragt genutzt werden.

Wenn sich aus diesen experimentellen und situationalistischen Beobachtungen nun ein Leitmotiv ableiten läßt, den Innsbrucker Platz in seiner sozialen Funktion zu stärken und als Vorreiter einer zukunftsweisenden Verkehrsentwicklung zu gestalten, so möge das die Grundlage bilden für das Model eines zeitgenössischen Wettbewerbs, wie er im Zuge der Entwicklung der BNB Leitlinien entwickelt werden sollte.