Investitionsruine EUREF-Campus

Hochgejubelt und viel umfeiert war der Baulöwe Reinhard Müller als er 2008 die Vision des größten alternativen Energiekampus in Europa entwickelte. Aus der ganzen Welt sollten Forscher und Studenten den Standort am Südkreuz nutzen, um mit der Anwohnerschaft eine nachhaltige Energiewirtschaft zu entwickeln.

Die Politik war beeindruckt: Der Zauberer vom Brandenburger Tor, das er durch Werbeeinnahmen renovieren ließ, verabschiedete einen Angebots-Bebauungsplan und gab ihm das Vertrauen und freie Hand in der Umsetzung seiner privaten Interessen. In der Lokalpostillion fand er mit Ed Koch, ehemals Pressesprecher der Jugendstadträtin, dann Bürgermeisterin Angelika Schöttler, seinen treuen Einheizer. Nur eine kleine Gruppe von kritischen Anwohnern warnte kontinuierlich vor dem Irrglauben, dass diese Kapitalschleuder zum Nutzen der Bevölkerung sein könne.

Doch auch die neue rot-grüne Bezirksregierung redete dem Spekulanten das Wort. Im November 2011 noch, als sich abzeichnete, dass das Interesse der Wissenschaft an dem Standort gleich Null ist – gerade mal 2 exklusive Masterstudiengänge werden als Teil des TU-Kurrikulums dort abgehalten – vermachte sie ihm noch einmal mehr Bauland, die sogenannte Nordspitze. Dafür gleicht der damit finanzierte, angrenzende „Park“ am Albert-Lion-Steg der kasachischen Steppe: einer baum- und von Asphaltstreifen lustlos durchzogen Grasswüste.

Das Gasometer, ein Wahrzeichen und Leuchtturm Schönebergs, so tönte der „Zauberer“, werde im neuen Glanz erstrahlen. Doch auch dieses Werbekonzept ging nicht auf. Wohingegen das Gasometer in Mariendorf mit moderner Lasertechnik denkmalgerecht saniert wurde, bringt selbst Günter Jauch nicht die Werbeeinnahmen, die die vertraglich verpflichtende Pflege des Schöneberger Gasometers für Müller erst wirtschaftlich machen würde. Versuche mit Leuchtreklame Einnahmen zu erzielen, scheiterten an der Technik sowie der Lichtverschmutzung, ebenso wie größenwahnsinnige PR-Gags wie Bungee-Jumping. Nach Jahren der Kontemplation drehen sich zwischenzeitlich gerade mal zwei Windrotoren einer ebenso veralterten Generation.

Nun scheint Reinhard Müller jedoch an die Grenzen gestoßen zu sein: Auf der Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses auf dem Gelände am vergangenen Mittoch räumte der Investor ein, dass er die Bürgschaften für seinen 40%igen Anteil an der sogenannten Planstrasse, die dem Gelände eine direkte Zuwegung zur Autobahn eröffnen würde, nicht aufbringen möchte. Ohne diese kann er keine Baugenehmigung über die momentanen 45.000 Bruttoqm-Geschossfläche erwarten. Die ursprünglichen Pläne sehen 165.000qm vor.

Zwar wirbt Müller schon wieder damit, Cisco, das große Internet-Unternehmen, auf seinem Gelände anzusiedeln, stellt in Aussicht, die stillgelegten Gleise über den Sachsendamm für eine Fußgänger-Zuwegung reaktivieren zu wollen und bettelt um wenigstens eine Teil-Baugenehmigung. Doch das Spiel wird langsam auch von den verantwortlichen Politikern durchschaut. „Wenn lokale Unternehmen von dem Gelände abwandern und jetzt schon Leerstand hinterlassen, besteht keine Aussicht auf Nachhaltigkeit für die Millionen an Investitionen aus öffentlicher Hand,“ gibt Michael Ickes der verhandlungsführenden Stadträtin Sybill Klotz vor. Und die Zählgemeinschaft streicht eine lobhudelnde Vorlage der CDU auf ein gesichtswahrendes Minimum zusammen.

http://www.paperpress.org/index.php?name=News&file=article&sid=2647