Ich spreche ja ungern von Ideen – wegen des inflationären Gebrauchs, der oftmals vorgibt, Ideen produzieren zu können. Und weil ich Ideen für monolythisch halte: Gedankenblitze, die eine adhoc Intervention darstellen, und nichts mit nachhaltigen Lösungen zu tun haben. – Statt dessen spreche ich lieber von Vorstellungen, die ich habe, Vorstellungen, wie Dinge sein könnten… Auch nicht zu verwechseln von Visionen, die wiederum erst einmal explizit in keinem wirkungsvollen Zusammenhang mit der Realität stehen…

Nun hatte ich gestern aber mal zugegebener und ausgesprochener Weise eine Idee. Und zwar eine Antwort auf die Frage: „Wie kann man nur so bescheuert sein, Landesvorsitzender der Piraten Berlin werden zu wollen?“ Die Antwort, auf die ich gestoßen bin ist, „ich bin ein Ästhet.“

Sie folgt dem Ausschlussprinzip: Es gibt keinen affirmativen rationalen Grund, Landesvorsitzender der Piraten Berlin werden zu wollen. – Vielleicht gibt’s ja Menschen, die sich einen persönlichen Vorteil davon versprechen, Landesvorsitzender zu sein. (Bruno Kramm wird schon seinen Vorteil aus der Popularität gezogen haben.) Oder aber die Position bedient einen Narzissmus, wie er in der Gesellschaft um sich greift… All das sind Gründe, die keine Qualtitätskriterium für die Aufgabe des Parteivoritzenden sind.

Tatsächlich entzieht sich die Position des Landesvorsitzender der Vernunft. So wie eine starke Strömung innerhalb der Piratenbewegung zum Zuammenklappen der Partei geht. Oder wie wir auch schon immer gesagt haben, „oh, der Vorstand ist nur der Form halber da, hat nichts zu sagen und Politik wird von der Basis bzw. den Menschen gemacht.“ Die ureigene Aufgabe des Parteivorsitzenden ist aber eben nach wie vor, die formgewordene Partei zu verteidigen.

Ebenso wie es irrational war zu denken, mit dem Gewinn von ein paar Sitzen in den Länderparlamenten mischen wir jetzt mal die Politik in Deutschland auf, ebenso irrational ist es, diesem Haufen von Möchtegern-Politikern vorstehen zu wollen.

Bislang sind wir der Sinn-Frage mit dem Empirizismus entgegen getreten. Die Frage, „warum machen wir diesen Scheiss eigentlich,“ wurde mit einem Schulterzucken beantwortet: „Frag nicht, mach einfach.“ Solange genug Leute dabei waren, die dem Anspruch an Basis-Entscheidungen Genüge getan haben, ging das vielleicht noch – auch wenn ich selbst diese Mechanismen in Frage stellen wollte. Inzwischen sind wir aber offensichtlich an einem Punkt, an dem die Arbeit an einem politischen Programm der völligen Willkür gleicht.

Ich gebe ein Beispiel: Auf der letzten LMVB in 2015 wurden zwei Programmpunkte vorgestellt: Zum einen eine berliner Landwirtschaftspolitik zu bekräftigen, zum anderen die Forderung, auf der Basis der Erfahrungen des Drugstores, den Verkauf von öffentlichem Eigentum zu stoppen. Letzteres fand Eingang in das Wahlprogramm, obwohl die programmatische Logik schlichtweg falsch war, ersteres nicht. Diese Entscheidungen können nur mit persönlichen Gefälligkeiten und Kapazitäten erklärt werden. Der Empirizismus

Es bedarf neuer Paradigmen!

Ein Problem der zeitgenössischen Politik als gesellschaftlichem Ordnungsprinzip ist, dass der Empirizismus als einzige Alternative eines gescheiterten, weil beschränktem und undemokratischen, Rationalismus gesehen wird. Der Normativismus kennt jedoch außer dem Rationalismus ebenso das ethische / moralische Argument, sowie das ästhetische. Wenn das ethische / moralische Argument als Basis der Politik – oder zumindest unserer Politik – abzulehnen ist, so bleibt das ästhetische. Moral ist ein antiquiertes Konzept, dessen Bedeutung die Kirchen versuchen, als Ethik über die Zeitenwende zu retten. Zu einem gewissen Grad tun sie gut daran, aber: „Religion ist [eben] Privatsache“ und nicht öffentlich, wie die Politik ureigenst.

Die Ästhetik hingegen ist uns Piraten bedeutsam. Ein erstes Brainstorming:
– Die Arbeit des Kunstsquats war über die letzten Jahre hinweg eine der produktivsten;
– Es fällt uns leicht, Einigkeit zu erzielen zu den Aktionen des Instituts für politische Schönheit;
– „Resonanz“ (Rosa) ist ein brandaktuelles, ästhetisches, politisches Argument;
– „code is poetry“;
– „Harmonie,“ ein ästhetisches Argument – wird verfolgt;
– auf unsere Plakate sind wir stolz;
– Subversion ist ebenso ein ästhetisches Argument…

Was lässt sich entsprechend für eine Politik der Ästhetik ableiten?

– sie ist tolerant und pluralistisch;
– die Ästhetik liegt im Handeln und der Wirkung und spricht für sich selbst…


Kommentare

4 Antworten zu „Politik der Ästhetik“

  1. Avatar von Michael Ickes
    Michael Ickes

    Medienwerk #statt
    (Medienwerk ist der Transport von Information, der Energie- oder Beschäftigungsanteil der Kommunikation in der isomorphten Relation von Energie und Materie bzw. Arbeit und Vermögen)
    Kapital = Arbeit & Vermögen
    Stadtwerke Medien (Rekommunalisiert die Kommunikation!)
    => ist ein normativer Missstand

    als machtloses Gegenteil, mach genau das Gegenteil
    die Freiheit ist der Widerstand
    die Freiheit ist der Widerstand

    Subversion

  2. […] Kunst & Kultur (Ästhetik) und Wissenschaft (Rationalität) vis-a-vis die demokratische Ethik des Handelns. Bsp.: […]

  3. […] Politik der Ästhetik […]