Wir sitzen hier am RUNDEN TISCH
und saufen bis er eckig ist.

Mit diesem und einem weiteren Spruch:

Ist das Wetter noch so trübe,
Immer hoch die rote Rübe,

hat uns der Deutschlehrer seinerzeit Paar-, Kreuz- und umschließende Reime nachstellen lassen. Er war ein früher Grüner und begründete damit vielleicht die Obsession der Grünen für RUNDE TISCHE, deren historischer Höhepunkt wohl die ostdeutsche Vorbereitung der Zwei-plus-Vier-Verhandlungen war. Was aus jenem heraus kam, ist, was den Fundis unter den Grünen damals dann noch zugestanden wurde:

Ein Tisch voller Kanten, um sich die Stirn daran zu stoßen – und Alkoholleichen.

Im Zuge des realpolitischen Versuchs, ihr mit den Fundis verlorenes originäres Klientel, die Bürgerrechtsbewegung, in Zeiten des Wutbürgertums wieder zu gewinnen, rückbesinnen sich die abgehängten Grünen auf dieses Instrument. Bei Stuttgart 21 wurde wieder bestätigt, dass man daran wunderbar um den Heißen Brei herum reden kann, bis die Wut des Volkes ermüdet und aufgebraucht ist, um dann doch das zu machen, was die „normative Kraft des Faktischen,“ gebietet – mit anderen Worten: was man sowieso immer schon tun wollte.

Von Tempelhof-Schöneberg ausgehend, umwarben in Berlin die Grünen die neu-erhofften Repräsentanten der Bürgerrechtsbewegung, die Piraten, um einen RUNDEN TISCH zu der IT-Ausstattung an Schulen einzurichten. Seit 2012 dümpelt das Projekt so vor sich hin, weil einerseits die konkrete Perspektive, andererseits deswegen auch der politische Wille und die Investitionen fehlen. Eine derartige als Social Club betriebene potentielle Lobby-Plattform für IT-Ausstatter ist den breitgesessenen Entscheidungsträgern dann doch auch mal zu Recht zu doof.

Neuerlich hatte dann die beton-grüne Stadträtin Klotz die phänomenale Idee, einen RUNDEN TISCH zur Gleditschstrasse einzurichten, wo Modernisierungsmaßnahmen im Erhaltungsgebiet Mietsteigerungen von über 40% zur Folge haben und damit die Mieter verdrängen würden. Am Tisch sprach dann das Bezirksamt dem Eigentümer das Recht zu, die Maßnahme ohne gründliche Prüfung zu vollziehen.

Nun wird in der Crellestrasse wieder vorschnell an den RUNDEN TISCH gerufen. Die grünen Mitarbeiter im Stadtentwicklungsamt haben einen letzten Strohhalm gesät, an dem sich die anwohnenden Bürgerrechtler nach vielen Enttäuschungen und Niederlagen nun festhalten. Dabei ist längst klar und offensichtlich, dass die Kriterien der Bahn, die eine Gestattung ihrer Fläche ausnahmsweise nicht zulässt und deswegen der sogenannte Crelle-Urwald mit einer 4m breite Asphalt-Autobahn planiert werden soll, unzulänglich und veraltet sind.

Ohne eine vorausgehende intensive und fachkundige Auseinandersetzung mit diesen Kriterien und Abwägungen wird das Bezirksamt immer den Planern Recht geben müssen. Wenn die Verwaltung unwillens oder unfähig ist, eine solche Auseinandersetzung zu führen, dann müssen die Anwohner befähigt werden, auf Augenhöhe mit den Investoren, Planern und Spekulanten zu verhandleln und den Weg zu einer ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Nachhaltigkeit frei zu räumen.

Sonst sitzen sie am Runden Tisch und tröten bis er eckig ist.

 


Kommentare

Eine Antwort zu „Runder Tisch“

  1. Avatar von Michael Ickes
    Michael Ickes

    Nachdem der Verkehrs-Ausschussvorsitzende bekräftigte, dass er weniger einen Runden Tisch verfolgt, kann ich dieses Pamphlet los werden bevor es mir ein Magengeschwür bringt. Dank an Sabine für die Edits!

    Von den Propagandisten wird der Runde Tisch immer nur als Worthülse verwendet, die von der eigentlichen Aufgabe ablenkt. Sowohl in der Gleditschstrasse als auch in der Crelle müssen, verdammt noch mal, zunächst die Kriterien der Planer offen gelegt werden. Als nächstes müssen die Anwohner befähigt werden, diese Kriterien, Indikatoren und Abwägungen zu hinterfragen. Dafür brauchen sie Unterstützung, finanziell und von Fachleuten ihres Vertrauens. Als drittes dann erst können Diskrepanzen angegangen werden. Das kann an einem Tisch statt finden, der rund oder eckig ist.

    Meine Präferenz ist ja ein „Hearing“ nach §9(4) BezVG in Verbindung mit §23(2) GOBVVTS des Verkehrsusschusses. Immerhin über eine Eingabe / Beschwerde – die dann an den Ausschuss weitergeleitet wird – müsste es möglich sein, die Bahn nach §17(3b) BezVG zur Auskunft zu verpflichten.

    Ein Runder Tisch hingegen ist ein proto-konstitutionelles Instrument, das angewand wird, wenn keine gesetzlichen Instrumente bereit stehen.