Ich bin Volker

K

Es gäbe ja auch immer noch die Möglichkeit sich aufzurichten und gemeinsam neu zu beginnen.

Z

Jaaaa, aber wenn ich mich schon aufrichte dann will ich mich schon so aufrichten dass es dabei irgendwie um mich geht und nicht um die Gesellschaft oder um allgemein Gesellschaft oder sowas.

Umsturz Umbruch, ich mein was soll ich denn damit ich mein, da kann ich mich ja auch gleich unterordnen.

Nein, wenn ich mich schon aufrichte, dann lieber alles kurz und klein haun, dass mehr Raum für mich bleibt. Ja, lieber die Geschichte einmal ordentlich zu Brei geschlagen, damit fortan der Kontext fehlt. Und aus den Trümmern wächst dann – keine Ahnung.

(schweigen)

Z

jetzt haben wir ganz kurz geschwiegen, das war keine Absicht.

P

Das war ein Versehen.

I

1, … 2, … 3, … 4 …

I+P

Schließlich sind wir hier zusammengekommen –

I

Lass uns lieber von Tätern sprechen.

P

Nein, von Täterinnen, weil dann auch jeder hinschaut.

I

Beate, setz dich ruhig zu uns, nein, du musst nichts sagen, keine Angst.

P

Ja, das wäre ja noch schöner, wenn du jetzt noch einmal reden würdest.

Kommt, lasst uns aneinanderrücken Freunde, draußen tobt die Welt.

I+P (+Z)

So, und jetzt wird Pause gemacht. Jetzt werden die Zehen im Sand vergraben. Jetzt wird die Katze festgehalten. Jetzt wird gemeinsam die Aussicht genossen.

I

Siehst du was?

P

Da schreit wer hinterm Zaun.

Halts Maul, über Opfer sprechen will hier keiner.

I

Ja, nimm doch mal die Katze da weg bitte.

Z

Also, ich seh nichts.

I+P

Ich auch nicht. Ich auch nicht. Siehst du was? – Multikulti Endstation! – Ja, vielen Dank für die –

P+Z

Wir sind das Volk! –

I

Ich bin Volker.

P

Ja, vielen Dank Volk für die Wortmeldung.

Ja, das Volk, tja, das ist ziemlich in Bewegung, da kann ich gar nicht so schnell wegschaun wie ich wollte um mich nicht in Verlegenheit zu bringen.

I

Ja, dann häckselst du da eben was weg.

P

Jetzt haben die schon wieder etwas angezündet.

I

Ja, dann häckselst du eben was weg.

I+P

Aber Obacht mit den ganzen Opferkörpern, die lassen sich nicht so leicht durch den Fleischwolf drehen. Ja, dann häckselst du eben ganz vorsichtig was weg. Ich auch. Ich auch. Ich auch. Ich auch.

(Rumms)

Z

Mir ist da ein Malheur passiert. Ich häcksel also vor mich hin wie aufgetragen,

I

Ja sehr gut

Z

also wie aufgetragen häcksel ich, vor mich hin die Welt,

I+P

aha

Z

bis dann auf einmal, also

I+P

ja

Z

die Welt also ich glaub ich hab die Welt gehäckselt und zwar komplett, bis an die Grenzen dieses unsres Raums.

I+P

Oh.

I

Naja, solange du den unsren Raum noch nicht gehäckselt hast, würde ich sagen, alles in Ordnung.

Dann sind wir noch auf der sicheren Seite, würde ich sagen, nein, ich sage: – Was hast du denn?

P

Ach, jetzt bin ich doch ein bisschen traurig. Dass jetzt alles weg ist außer uns. Ich hätt mir vorher

gern noch alles angesehn. Weil also, ich mein, war ja nicht alles schlecht, war ja schon auch schön die Welt. Die Berge zum Beispiel.

Z

Ja, die Berge.

P

Oder das Wasser.

Oder der Strand.

Z

Ja, der Strand natürlich auch,

I

aber wenn du jetzt aus den Fenstern schaust, dann ist da immerhin ja nichts als Strand, ja, da hat unser Bote gründlich vor sich hingehäckselt würde ich sagen, ja, würde ich sagen, das hat er gut gemacht.

I+P+Z

Wir sitzen am Strand

Wir sind der Chor des fröhlichen Vergessens

Urlaub

Sommer Schönste Jahreszeit

Möwe von links

Möwe von rechts

Zehen im Sand

Im blauweißgestreiften Strandkorb

Im schwarzrotgestreiften Badeanzug

Goldne Zeit

Und wenn sie wieder geht –

P

He du, komm mal her komm mal her da

Du mit den Bildern Zeig die doch mal

Zeig uns doch mal deine Bilder von der Welt

Jetzt wo die Welt weg ist

Macht uns das sicher ganz nostalgisch

4. Das Schweigen tritt als final girl auf. Was es eigentlich zu sagen hätte, wenn es einen Auftritt hätte:

K

Unsre Welt ist eine Welt des Schlafs. Stumm die Knie an den Körper gezogen, den Kopf drauf abgelegt, die Angst als schöner schwerer Mantel um die Schultern, tun wir so als wär nichts. Wir schmeißen unsre Steine gegens Glas das uns umschließt und schlagen uns die Stirne blutig. Wir kippen Säure aus gegen den Feind und weichen selbst zurück. Wir ziehen uns in uns zurück. Wir warten.

Wie in eine Bewegung kommen. Wie sich etwas entgegenstellen, das längst überall ist. Wie sich verbünden.

Wir tragen unsre Sätze vor uns her.

P

Wir bleiben passiv, auch im Widerstand.

K

Wir sitzen im Schlaf die Glieder taub und merken davon nichts.

P

Wir sagen nichts. Wir kommen nicht heraus aus unsrer trägen Angepasstheit weil wir nicht rauskommen aus uns.

K

Die Angst im Nacken tun wir so als wärn wir furchtlos, ja, damit bloß keiner denkt wir wärn wie die mit ihrer Paranoia.

Schluss mit dem inneren Exil. Schluss mit dem Überleben. Ich will für den Zweifel sein. Für die Unsicherheit und für die Angst.

Ich will meine Angst sein. Aus der Angst raus will ich auf die Welt schaun und unterscheiden zwischen Furcht und Hass. Dann werd ich ankommen in meinem Körper der zu groß ist, schwach, zu unförmig, der Scham auslöst, Verachtung, Spott. Aus dem Schlaf werd ich herausgehn mit kleinen unsicheren Schritten.

Z

Als Mensch, der Verwechslung erlaubt. Ein Ort ohne Grenzen.

K

Sagen, dass wir noch mal beginnen. Von Anfang. Werden. Irgendjemand werden.

Ja, das wäre schön.