Tempelhof-Schöneberg – Streit im Bezirk um Ausbau des Euref-Campus – Tempelhof-Schöneberg – Berliner Morgenpost

Quelle: Tempelhof-Schöneberg – Streit im Bezirk um Ausbau des Euref-Campus – Tempelhof-Schöneberg – Berliner Morgenpost

Schöneberg, 20.09.2015, 07:40, Tempelhof-Schöneberg, Streit im Bezirk um Ausbau des Euref-Campus

Foto: Ricarda Spiegel
Die Parteien in Tempelhof-Schöneberg streiten über Baugenehmigungen auf dem Euref-Campus, dessen markantes Zeichen das Gasometer ist

Von Jens Anker

Die SPD in Tempelhof-Schöneberg verbündet sich mit der CDU und stellt die Grünen kalt, weil diese den Ausbau des Euref-Campus blockieren.

Am Mittwoch wird auf dem Euref-Gelände mal wieder gefeiert. Die Macher des Berliner Modellcampus für die Energiewende laden zum Richtfest für das nächste Gebäude ein, das vor der Fertigstellung steht. Es gibt Live-Musik, Brunch und ein entspanntes Get Together. Doch hinter den Kulissen brodelt es gewaltig.

In Tempelhof-Schöneberg wird heftig gestritten. Es geht um die baurechtlichen Genehmigungen für weitere Neubauten bis zu einer Bruttogeschoßfläche von 85.000 Quadratmetern. Das Bezirksamt verweigert die Zustimmung seit Monaten. Es fehlen entscheidende Unterlagen, heißt es dazu von der Grünen-Stadträtin Sibyll Klotz. Die liegen längst vor, entgegnet der Chef des Euref, Reinhard Müller.

Jetzt platzte der SPD im Bezirk der Kragen. Sie regiert zusammen mit den Grünen in Tempelhof-Schöneberg, hat das Zaudern der eigenen Stadträtin jetzt aber satt. Zusammen mit der CDU wurden die Grünem ausgebootet. Das Bezirksparlament beschloss, die Stadträtin aufzufordern, die baurechtliche Genehmigungen zu erteilen.Vordergründiger Streit um Bau einer ErschließungsstraßeVordergründig geht es bei dem Streit um den Bau einer Zubringerstraße zur A 100. Bis die Genehmigung erteilt werden kann, müsse das Euref einen Erschließungsvertrag abschließen, in dem vor allem die Finanzierung abgesichert ist. Außerdem müsse eine Genehmigung des Eisenbahnbundesamtes eingeholt werden, da die geplante Straße über Bahngelände führt. „Ohne diese beiden Voraussetzungen kann die Genehmigung aus unserer Sicht nicht erfolgen“, sagt der Fraktionschef der Grünen im Bezirksparlament, Jörn Oltmann.

Völliger Unsinn, sagt dagegen Reinhard Müller. „Die Grünen versuchen seit Jahren, das Euref zu blockieren.“ Es könne auch weitergebaut werden, ohne die Erschließungsstraße zu bauen. Für weitere Gebäude bestünden die entsprechenden Baugenehmigungen. „Ich wundere mich, was für sinnlose Aktionen gestartet werden.Genehmigungen per Zuruf an alte BuddiesHintergründig geht es in diesem Fall um tiefe persönliche Verstrickungen. Die joviale, oft an den ehemaligen sozialdemokratischen Stadtentwicklungssenator Peter Strieder erinnernde Art Reinhard Müllers ist den Grünen seit langem ein Dorn im Auge. Genehmigungen per Zuruf an alte Buddies zu verteilen, sei alte sozialdemokratische Schule, die Klotz abschaffen wolle, heißt es. Und Müller versteht es auf der anderen Seite gut, sein Vorzeigeprojekt bei den politisch Verantwortlichen anzupreisen und gute Stimmung dafür zu machen. Immerhin besuchen auch Bundespolitiker das Vorzeigeprojekt gern.

Der SPD-CDU-Beschluss im Bezirk gegen die Grünen ist nun ein weiterer Nadelstich im ohnehin angespannten Verhältnis. „Darüber wird noch zu reden sein“, kündigt Fraktionschef Oltmann bereits an.Senator muss Antwort gebenDa der Streit im Bezirk nicht zu befrieden scheint, wird der Senat sich demnächst damit beschäftigen. „Lange, viel zu lange hat die grüne Bezirksstadträtin in Tempelhof-Schöneberg, Sibyll Klotz, den Beschluss zur Bauplanung am Euref-Gelände behindert“, kritisiert der CDU-Fraktionschef im Abgeordnetenhaus, Florian Graf. „Ich fordere vor dem Hintergrund der monatelangen Verzögerung durch die grüne Stadträtin, dass der Senat wegen des landesweiten Interesses an der Entwicklung des Euref die Entscheidungen an sich zieht.“ Gespräche darüber habe es bereits gegeben, heißt es sowohl im Bezirk als auch im Senat. „Wir kommen im Bezirk nicht weiter“, sagt auch Müller.

Dass das eine Lösung ist, bezweifeln die Grünen im Bezirk. „Eine Lex Müller kann es nicht geben“, sagt Oltmann. Auch das Euref müsse die Voraussetzungen für die Genehmigungen schaffen, bevor gebaut werden könne. „Warum nehmen SPD und CDU immer nur bei Müller eine derart kritiklose Haltung ein“, fragt der Bezirkspolitiker. Der Senator für Stadtentwicklung, Andreas Geisel (SPD), wird eine Antwort darauf geben.


Kommentare

2 Antworten zu „Tempelhof-Schöneberg – Streit im Bezirk um Ausbau des Euref-Campus – Tempelhof-Schöneberg – Berliner Morgenpost“

  1. Avatar von Michael Ickes
    Michael Ickes

    Der Showdown zwischen dem EUREF Spekulanten Reinhard Müller und dem grünen Fraktionsvorsitzenden und Geschäftsführer der MEDIACITY Adlershof GmbH naht tatsächlich. Nachdem die Grünen jahrelang still gehalten haben und eher die kleine Gruppe an Bürgerrechtlern und die bezirklichen Piraten vorgeschoben hatten, den Widerstand gegen das öffentlich finanzierte Spekulantentum aufrecht zu erhalten, setzten sie nun an, das Projekt zu kippen.

    Denn zwar tönt die CDU und SPD im Berzirk noch mit „Leuchtturmprojekt“ und Flughafenvergleichen, doch können das nur subtile Hinweise auf das Debakel mit der Leuchtwerbung, die die Sanierung des Gasometers hätte finanzieren sollen, sein – bzw. dass hier ein ebenso totes Pferd geritten wird wie der BER.

    Dem Dilbert-Prinzip folgend wird nun die Investitionsruine EUREF weggelobt. Denn der Konflikt zwischen BVV und Bezirksamt wird zur Folge haben, dass die Senatsverwaltung das Projekt an sich zieht. Auf deren „Gutachten“ stützt sich zwar die Müllersche Ansicht der CDU und SPD; doch ist jenes einzig eine inoffizielle Stellungnahme eines von Müller „erbetenen“ „Vermittlers“, der die Wortneuschöpfung „Teilplanreife“ einführt und damit den Weiterbau über die genehmigten 46.000qm Bruttogeschossfläche hinaus zu rechtfertigen versucht. Soviel behördliche „Naivität“, wie sie aus dem bezirklichen Stadtentwicklungsamt zugegeben wird, kann bei dieser Öffentlichkeit doch nicht mehr durch gehen!

    Die Frage ist vielmehr: Warum hat Müller die Bürgschaften über 7 Millionen Euro für die Erschließungsstrasse nicht geleistet und damit den Weiterbau auf’s Spiel gesetzt? Bei einem Investitionsvolumen von 500 Millionen Euro müsste man denken, er zahlte einen solchen Betrag aus der Portokasse. – Die Antwort könnte sein, dass sein Projekt nicht so voran kommt, wei der in der Lokalpresse oft hochgejubelte „Zauberer“ vorgibt. Tatsächlich hinkt die Entwicklung hinter den Plänen hinter her, Nutzer und Nutzungskonzepte ändern sich schneller als die EUREF Webseite geladen werden kann.

    Andererseits braucht Müller eben noch einen Faustpfand für seinen größten Preis: Die 30.000qm Wohnbebauung des denkmalgeschützten Gasometers selbst. Dieser Plan ist nämlich in dem von ihm selbst ausgewiesenen Kerngebiet erst einmal nicht möglich. Doch wenn er dann noch mit der Erschließungsstrasse werben kann, werden auch die letzten Bürgerproteste übertönt werden, und Matthew D. Rose, der zu dem Projekt in seinem gleichnamigen Buch fragt: „Korrupt?“

    1. Avatar von charlie-uwe
      charlie-uwe

      Sachlich soweit richtig, wenn auch verkürzt. Ein paar Kleinigkeiten wären zu korrigieren:
      dass die Strasse mit ß geschrieben wird, geschenkt. Dazu noch wenige Dreher: Berzirk
      Aber, was heißt: „Soviel behördliche “Naivität”, wie sie aus dem bezirklichen Stadtentwicklungsamt zugegeben wird, kann bei dieser Öffentlichkeit doch nicht mehr durch gehen!“?
      Und wollen die Grünen das Projekt wirklich kippen? Ist es nicht vielmehr die Rechtslage, die das BA veranlasst vorsichtig zu sein? Sind es nicht vielmehr Müller, Strieder und ihre Hintermänner, die versuchen einen Rechtsbruch zu begehen? Was ist denn anders geworden, wenn der Senat das Projekt an sich zieht?