Was ist ein offener Brief?

Geehrter Herr Koch,

Betr.:http://www.paperpress.org/modules.php?op=modload&name=News&file=article&sid=1699&mode=thread&order=0&thold=0

ich möchte Ihnen für Ihr Vertrauen danken, Sie an meiner Seite zu wissen, wenn es um „Das Friedenauer Rathaus den Friedenauern“ geht.  Als ich mit dem Spruch ankam, musste ich mich im Landesverband erklären, warum ich denn einen so rechtslastigen Spruch wünsche. Er solle leicht ironisch und gut bürgerlich sein. Er sei ein Alleinstellungsmerkmal und Symbol eines fehlenden Hinterfragens in der Bezirkspolitik, sowie „gegen den Verkauf von öffentlichem Eigentum.“
    Sie kennen vielleicht die Geschichte meiner Floßfahrt vom Görli zum Tempelhofer Hafen: In einer symbolischen Landnahme protestierten wir für Freiräume entlang der Berliner Wasserwege. Demonstrationen, die Ausübung fundamentalster Bürgerrechte, sind auf Privatgelände jedoch nicht gestattet. Der Besitzer insistierte auf einer Strafverfolgung.
    Jetzt geht es also um meine Kleiderordnung. Und das Piratentuch. Die Diskussion lief ja schon durch’s Abgeordnetenhaus, wo man sich über Faxes Auftreten echauffieren. Nun passt es Ihnen in Schöneberg nicht. In der Social Network Szene nennen wir das Meme –  eine Erscheinungsform, die sich durch’s Internet propagiert, aber ich höre, Sie sind eher ein “Serientäter” in der analogen Welt. Um so mehr freut mich das viele positive Feedback, das ich für meine Auftritte in der BVV bekomme. Gestern rief mich ein 91jähriger Bürger an, der die Januar Sitzung miterlebt hatte, und mir seine Hochachtung ausdrücken wollte. Ich glaube, nach 40 Jahren Pressearbeit kennen Sie dieses Gefühl.
    Es geht mir ja nicht um eine Un-Achtung des Rathaus Schönebergs. Ich bin mir der historischen Würde des Sitzes der Regierung West-Berlins und Willy Brandts durchaus bewusst. Es geht mir um die Selbstbeweihräucherung einer Insitution, die von Macht verblendet, sich anmasst über Entscheidungen von Menschen hinweg zu befinden. Und je bedrohter sie sich von den Menschen fühlen desto mehr rotten sie sich zusammen. Die Piraten bekamen die Hälfte ihrer Stimmen von traditionellen Nicht-Wählern. Wir haben es geschafft, diese Menschen für die Demokratie zu gewinnen. Was fürchten sich die etablierten Parteien vor diesen Menschen?
    Sie meinen, etwas zum Lassen Park beitragen zu müßen? Das Problem mit der Pressefreiheit ist, dass sie erst mit vielen Teilhabern zu dem gemacht wird. Es reicht nicht, einen selbsternannten Meinungsmacher in einem zusammengewürfelten und -zogenen Bezirk der Größe von Island, zur vierten Macht der Lokaldemokratie zu erklären; es braucht eine Vielfalt an Meinungen und einen offenen Diskurs!
    Es geht nicht an, dass in der Verantwortung von Schworck aus Mittelabflußdruck ein Plan entworfen wurde, angegangen, abgezäunt, liegengelassen, rumdiskutiert und schliesslich rückgebaut wird – so dass alle gewinnen können. Diese „win-win-Situation“ wischt sich mit Bürgerrechten den Arsch ab. Hier muß Rechenschaft gefordert werden. €100.000 wurden da mal kurz in den Sand gesetzt. Dafür, dass Anliegern und Anwohnern der Nutzen des Parks verwehrt war und der Matsch sich weiter freut.
    Doch auch die BVV ist schuldig. Aus wahltaktischen Gründen hat sie opportunistische Koalitionen geschmiedet, die alle umfallen, sobald sie die Peitsche der Fraktionsdisziplin knallen hören. Den einzig vernünftigen Lösungsweg habe ich aufgezeigt: Es muß der Nutzenentzug des Parks zeitlich enkoppelt werden von einer Einigung über ein nachhaltiges Ergebnis. Nur so wird es möglich sein, den Park im Sommer den Bürgern weitmöglichst zur Verfügung zu stellen und ihm gleichzeitig das berechtigte Gefühl wiederzugeben, die Verwaltung arbeitet für ihn. Bauzaun weg jetzt, Schworck zahlt später.
    In der Politik wie im Leben, kommt meistens alles immer anders als gedacht. Und das ist auch gut so. Deshalb ist es sehr wohl angebracht, mit den Instrumenten der Lokalpolitik zu experimentieren. Ich bin glücklich darüber, dass nach nur drei Jahren in Berlin, meine Erfahrungen, meine Kompetenzen und mein Blick dafür geschätzt und akzeptiert werden. Hingegen ist es ebenso bemerkenswert, dass Berlin in der Entwicklung von demokratischen Prozessen im Vergleich zu anderen Bundesländern weit zurück hängt. Das Wahlrecht ist genauso veraltet wie das fraktionäre Politisieren, intransparentes “Fraktionsgedöns”, das Pfauengehabe in der BVV, und die vielen andere Wörter die wir dafür finden oder nicht.
    Der selbe Denkmalschutz, der irgendwelche merkwürdigen Vorbehalte gegen Internet im Rathaus hat, verbietet es den meisten Bürger in Friedenau, einen Nagel in die Wand zu hämmern – weil sie in denkmalgeschützten Häußern leben. Aber selbstverständlich tut es jeder. Wenn wir begreifen, dass wir für das Informationszeitalter neue Gesetze und Normen brauchen – solche der Freiheit – so erkennen wir hoffentlich auch, dass die sogenannte politische Kommunikation unter uns Bürgern festgefahren ist in einem Sumpf von Ritualen und Protokollarien.
    Ich wünsche Ihnen, dass Sie auch nach 40 Jahren BVV Reportage noch den Elan finden, sich für den gesellschaftlichen Wandel im Informationszeitalter, den wir parteipolitisch vertreten, zu begeistern und laden Sie herzlich zu einer unseren Fraktionssitzungen, immer montags, 13:00 – 15:00 Uhr, ein.

    Mit freundlichen Grüßen