die Verteidigung der Roten Insel

Geflüchtete in die BEP

Geflüchtete in die BEP

“…sie halten sich für die Bürger,” meinte Oliver Frey nach Angaben der Berliner Woche und bedient sich damit eines letzten Totschlagarguments zur Diffamierung von Gegnern des sozialdemokratischen Bauwahns. Zeit zu dekonstruieren.

Tatsächlich zeichnet sich nicht ab, dass die sogenannte Bürgerinitiative Güterbahnhof Wilmersdorf, die das Gelände als 100% Grünfläche erhalten möchte, eine Mehrheit findet. Diese folgt der Tradition des Berliner Baufilz. Bemerkenswert ist aber auch, dass über die Zeit des Werkstattverfahrens sich erst eine Opposition formiert hat. Wohingegen auf der ersten öffentlichen Veranstaltung 2012 von ungefähr 200 Zuhörern nur Jörg Simon die Pläne in Frage stellte – und dafür niedergeschrien und rausgeschmissen wurde – so beginnt die Gruppe um Manfred Gill, nun doch ihre Bedenken qualifiziert zu artikulieren, sich im politischen Spektrum zu positionieren und ordentlich Anhänger und Sympathisanten zu mobilisieren.

Die Diskussion um Bürgerbeteiligung wird so schwammig geführt, wie der Begriff verwendet. Denn tatsächlich vertreten die Streiter für 100% Güterbahnhof die Bürgerinteressen am adäquatsten. Diese sind nämlich von Natur aus konservativ, statussichernd orientiert und konservativ. Der Bezirk hat wenig von der privaten Bebauung des privaten Geländes. Anstelle dass wenigstens 12% des Verkaufserlös in die Bezirksklasse gespühlt wird, streicht den Gewinn der private Spekulant und die D-Bahn ein. Und die sogenannte landeseigene Baugesellschaft Stadt&Land lässt sich aus reinen Steuermitteln der Wohnbauförderung ihre Privilegien bezahlen.

Oftmals wurde argumentiert, dass die Neubauten auch den alternden Friedenauer Bürgern zu Gute käme, deren Altbauten eben nicht mehr altersgerecht wären, wo Parkplatznot herrscht und zu dicht bebaut wäre. Das Argument ist jedoch am Abklingen, wie die Lärmbelastung des Geländes zeigt. Die sogenannten Grünflächen – über vollversiegelten Betonkonstruktionen! – und soziale Institutionen, die der “Investor” feierlich schaffen will, sind keine Zusatzleistungen, die der Unterversorgung Friedenaus Abhilfe leisten, sondern gesetzliche Verpflichtungen für die Neubauanlage allein. Nur eine Grünfläche auf dem Güterbahnhofgelände, und da haben die Bebauungsgegner Recht, adressiert dieses tatsächliche Defizit Friedenaus.

Es beweist sich, dass alleine Zeit, zu einer richtigen Entscheidung führen kann. So wurde der Bereichsentwicklungsplan mit seiner Ausweisung des Geländes zur Bahnnutzung seit 1997 kontinuierlich fortgeschrieben. Statt eben dieses Instrument der frühzeitigen Einbeziehung der verschiedenlichsten Akteure zu nutzen, wurde auf Betreiben des Frosches Baldow, der seinerzeit als Vorsitzender des Stadtentwicklungsausschusses die Umwidmung der bezirkliche Bahnflächen für die SPD durchgeboxt hat, bevor er zu dem damaligen CDU-Baustadtrat Krömer wechselte, legte seine Nachfolgerin Klotz das euphemistisch-additiv Perspektivenwerkstatt genannte Verfahren auf, welches an Schwammigkeit nur von dem €50.000 teuren Moderator Kohlbrenner übertroffen wurde.

Wenn denn das Mantra, “wir brauchen mehr Wohnraum,” in aller erster Linie von Wirtschaftsinteressen – kurzfristige der Bauindustrie, längerfristigen der Steigerung der Wirtschaftskraft und mittelfristig dem Kapitalspekulantentum – getrieben ist, so zeigt sich in der Willkommenskultur eben gerade der aktuelle Bedarf an Unterkünfte für Flüchtlinge. Die Fläche des Güterbahnhof eignet sich hervorragend, zeitlich begrenzt, Unterkünfte für Flüchtlinge und “sozial Schwache” in der Diktion der Sozialdemokratie, bereit zu stellen. Das zeigte die Akzeptanz der Bevölkerung der Traglufthalle, die zwei Winter lang, privat und teuer finanziert, Friedenau verlängerte.

Flüchtlingsunterkünfte auf dem Güterbahnhof Wilmersdorf mögen das Gelände auf die Probe stellen, ob Wohnbebauung hier tatsächlich nachhaltig sein kann, oder ob die Bewohner nicht so schnell als möglich das Gelände verlassen wollen, und Zeit gewinnen für die Entwicklung von tragfähigen Vorstellungen und Interessensausgleich auf Augeenhöhe.

   

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