Trotz riesiger methodischer Defizite soll der Stadtentwicklungsplan (StEP) Wohnen noch im Juni vom Senat beschlossen werden. Auf Grundlage von unzureichenden Informationen, fehlführender Strategie und ohne Bürgerbeteiligung soll der StEP Wohnen die Wohnbauflächen für die nächsten 15 Jahre festschreiben. Das gilt es zu verhindern!

Nach dem Berliner Ausführungsgesetz zum Baugesetzbuch werden „Stadtentwicklungspläne… für die räumliche Entwicklung des gesamten Stadtgebietes erarbeitet. In ihnen werden Maßnahmearten, -räume und gegebenenfalls zeitliche Stufungen dargestellt. Stadtentwicklungsplanung hat grundsätzlich Empfehlungscharakter für alle an der Planung beteiligten Stellen. Stadtentwicklungspläne sind Grundlagen für alle weiteren Planungen.“ Was das in der Praxis bedeutet kann am Beispiel der Säntisstrasse betrachtet werden: Dort verhindert der StEP Industrie und Gewerbe, dass dem einstimmigen Verlangen der Bezirksverordnetenversammlung, die Kleingärten dort zu erhalten, entsprochen werden kann.

Der StEP Wohnen, wie auch der StEP Industrie und Gewerbe, aber im krassen Gegensatz zum StEP Klima, weist bestimmte Flächen, in diesem Fall Wohnbauflächen aus. Dazu hat der Bezirk Tempelhof-Schöneberg ohne spezifische Diskussion 17 Flächen von über 5000qm identifiziert, obwohl der StEP Wohnen Flächen über 1000qm ausweisen soll. Eine weiterer Abgleich zwischen den bezirklichen Vorstellungen und der Senatsverwaltung oder eine Priorisierung der Flächenpotenziale, wie sie den Grünen im Abgeordnetenhaus vor schwebte, fand nicht statt. Ohne klare Kommunikation von seitens der Verwaltung, oder Einbindung der Bürgerschaft, zeichnen diese Defizite Konflikte mit Interessen der Einwohner und anderen vor.

Exemplarisch seien einerseits die Grazer Gärten genannt, wo eine Nachverdichtung ohne Diskussion abgelehnt wurde, andererseits die Bautzener Brache, wo der BUND und die Anwohnerschaft vehement gegen eine Bebauung aufbegehren. Die Bautzener Brache ist Außenbereich nach §35 BauGB, was so viel bedeutet, dass diese Fläche im Grunde außerhalb des Siedlungsgebietes liegt und wenn überhaupt zur Nutzung, dann zu einer landwirtschaftlichen, vorgesehen ist. Eine konsequente Abwägung der Potentiale der jeweiligen Flächen würde die Bautzener Brache, welche Teil sowohl der Grünzug-Biotopverbindung als auch des – für das gesamte Stadtklima immer bedeutender werdenden – Klimakorridors des ehemaligen Bahngeländes ist, als erstes von der Liste der Wohnbaupotentiale streichen.

Der StEP Wohnen wurde erstellt unter der Prämisse, dass Wohnungsneubau das adäquateste Mittel ist, um der Wohnungsnot und den steigenden Mieten entgegen zu wirken. Leitlinien, wie „Berlin gestaltet den energetischer Wandel“ wurden erst nachträglich angefügt, dieser Prämisse unter- bzw. nachgeordnet und nicht konsequent auf die Flächenpotentiale angewandt. Instrumente, die erst jetzt entwickelt werden, wie das Zweckentfremdungsverbot oder Umwidmung, finden keinen Eingang in den StEP. Und schliesslich zeigt der neuerliche Zensus, dass die Bevölkerungsprognosen, die der Prämisse zugrunde liegen, unzuverlässig sind.

Der von der in Berlin schwer vorbelasteten Wohnbauindustrie betriebene Wohnungsneubau sollte unter diesen Gesichtspunkten das letzte Mittel sein, um der Wohnungsnot und den steigenden Mieten Herr zu werden. Er befördert eher das Spekulantentum und trägt damit nicht zu einer ökologischen, sozialen und ökonomischen Stadtentwicklung bei. Es sollten zunächst alle Aspekte und Instrumente erörtert werden, um zu einer gesamtheitlichen Strategie für die Wohnentwicklung im Bezirk und in der Stadt zu gelangen. Dann erst können bestimmte Flächen gemeinsam mit der Einwohnerschaft identifiziert werden.