nannte @AlohaHe die Überlegung, die Straßenprostitution auf der Kurfürstenstraße von 4 bis 20 Uhr zu verbieten, erntete dafür brüllendes Gelächter im Saal und für seine Rede den größten Applaus der November Sitzung der BVV Tempelhof-Schöneberg am vergangenen Mittwoch. Die CDU hatte einen Bericht der Berliner Zeitung aufgegriffen, wonach Ordnungsstadtrat Schworck (SPD) diesen Vorschlag gemacht haben soll, und wollte das Bezirksamt nun in die Pflicht nehmen: /CDU_Prostitution.pdf
Der Schuss ging nach hinten los, denn keine der anderen Parteien wollte diesen Antrag unterstützen. In seiner knackigen Rede brachte @AlohaHe, wie Jan-Ulrich Franz, der Fraktionsvorsitzende der Piraten nach seinem Twitter-Nick und seiner traditionellen Grußformel am Rednerpult nur genannt wird, das Geschwafel der anderen Parteien auf den Punkt: Es handle sich um Symbolpolitik, die keine Probleme löst, sondern zu einer Verdrängung und Verschleierung von Prostitution führt und die Arbeitsbedingungen für Sexarbeiterinnen weiter in’s Unmenschliche verschlechtere. @AlohaHe zeigte eindrücklich, wie eine Verdunklung der Prostitution der Öffentlichkeit viel mehr schaden würde, weil man nicht mehr wüsste, woran man eigentlich bei den Damen sei. Eine derartige Prohibitionspolitik, fuhr @AlohaHe fort, der sich auch schon als Stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Frauen-, Queer- und Inklusionspolitik sowie im Regenbogenfamilienzentrum hervor getan hat, sei nachweislich gescheitert. Er schloss mit dem Hinweis, dass das Ordnungsamt überhaupt nicht die Ressourcen hätte, ein solches Verbot durchzusetzen, und dass der Bezirk sehr viel besser mit dem Ansatz der Bezirksfrauenbeauftragten sowie der -bürgermeisterin fährt, die – auf Beschluss der BVV – das Gespräch mit den Prostituierten suchen.
Im Anschluss an diesen Zerriss des Antrages forderte die CDU eine namentliche Abstimmung, die gemäß der entsprechenden Einwendungen der Piraten durchzuführen versucht wurde. Doch schon der Versuch scheint eine Überforderung mancher Verordneter darzustellen, so dass sich vier Abweichler fanden, die dem CDU Antrag “aus Versehen” zugestimmt hatten, und sich prompt dafür entschuldigten.
Ein echter Highlight also, in einer BVV Sitzung, die von Tischkanten-Banging, wieder einmal nur so strotzte. Es sollte eine Redezeitbegrenzung ausprobiert werden, die dazu führte, dass Verordnete ihre Beiträge herunter ratterten und, statt ihrer, die Stadträte – für die gesetzlich bedingt keine Redezeitbegrenzung festgesetzt werden kann – monologisierten.
Besonders eindrücklich war das in der Aussprache zu unserer Großen Anfrage, die wir zusammen mit den Linken eingebracht hatten, zu den fehlenden Mitteln für Schulsanierungen. Da las die Bürgermeisterin ein 11-seitiges Papier vor, das nichts anderes sagte, als dass kein Geld da sei. Da half dann auch nichts mehr als ich meinte, dass das eigentliche Problem ja die Investitionsplanung sei, die sich der sogenannten Ertüchtigung der Rathäuser verschrieben hat, für die 30 Millionen Euro ausgegeben werden sollen, um sie entweder – im Falle des Rathaus Friedenaus – für einen privaten Investor attraktiv zu machen, oder aber sich – wie im Falle des Rathaus Schöneberg – irrwitzigen Brandschutzmaßnahmen zu unterwerfen.
Unser zu der Großen Anfrage gehörender Antrag (ebenfalls mit den Linken) wenigstens für die 1. Gemeinschaftsschule am Grazer Platz, Aufnahme in die sogenannte Überbezirkliche Dringlichkeitsliste des Senats zu sichern, wurde schließlich in den Schulausschuss überwiesen – wo er eigentlich her kam. Anzumerken ist dazu noch, dass es geheißen hatte, der Antrag würde zusammen mit der Großen Anfrage behandelt werden, als jedoch der Überweisungsantrag gestellt war und das bedeutet hätte, dass die anderen Fraktionen ihr Rederecht damit verwirkt gehabt hätten, die beiden kurzerhand wieder als nacheinander Abzuarbeitende behandelt wurden.
Im Bereich Stadtentwicklung gab es einen Fensterantrag zum Tempelhofer Feld, der auf einen Versuch von den Piraten beruht, mit einem Moratorium größere Chancengleichheit in dem laufenden Volksentscheid zu erzielen. Leider, so legte ich in meinen Ausführungen dazu dar, kommt der Antrag zu spät und zementiert damit eher die aktuelle Planung des Senats, als dass er die Weiterentwicklung von Alternativen ermöglicht. Andererseits ist es vielleicht doch bedeutsam, dass die CDU sich für Volksabstimmungen in die Presche schlägt.
Des weiteren gab es zwei Anträge von uns zur Crellestraße. Unserer Antrag auf Zwischennutzung der Böschung wurde von der CDU unterstützt, jedoch vielleicht nur, weil er von der rotgrünen Mehrheit sowieso abgelehnt wurde.
Die Offenlegung der Umplanung wie die Tiefgarage entlüftet werden soll, ohne die Böschung zu gefährden, wurde von allen großen drei abgelehnt, nachdem schon ein Änderungsantrag der CDU, der die zusätzliche Offenlegung der Sanktionsmöglichkeiten bei Zuwiderhandlung gestrichen hat, abgelehnt worden war. Der Fensterantrag der Grünen, drei (oder vier) mickrige Straßenbäume – von den Ersatzzahlungen für die drei mächtigen, gefällten Linden wohlgemerkt! – zu pflanzen, war schon im Ältestenrat durchgenickt worden.
Immerhin waren auch schon unserer Antrag zur E-Tanke am J.F.K-Platz und nicht zuletzt unserer Antrag “die ganze Bäckerei” im Ältestenrat per Konsens beschlossen worden, und auch wenn unserer Fraktionsantrag auf Einwohnerversammlung zum Güterbahnhof Wilmersdorf keine Zustimmung unter den großen Dreien fand, so hat er doch seinen Zweck erfüllt, als Vorlage für den Antrag aus der Einwohnerschaft auf eine solche, nach §42 BezVG, zur FNP Änderung in Lichtenrade. Dieser nämlich wurde von der CDU mitgetragen und fand dementsprechend die nötige Zustimmung von 1/3 der Verordneten.
So haben wir doch wieder einiges in dieser BVV erreicht und hatten mit @AlohaHe’s Rede den Abend für uns gewonnen. Da lassen wir dann auch gerne mal, großzügig und routiniert wie wir inzwischen sind, durchgehen, wenn Stadtrat Krüger sich unter dem Vorwand, seine Unterlagen nicht zu finden, um die Antwort auf meine mündliche Anfrage, drückt. Hier ist sie dennoch einzusehen.
12. September 2024
nehmen wir beispielsweise den Prozess, gemäß dem sich in Deutschland der 50er-Jahre der Elektroherd durchgesetzt hat:
Die Technologie war da und wurde erfolgreich vermarktet. Obwohl die gängige Praxis erwiesener Maßen überlegen war.
Erwiesener Maßen, na das ist wohl debatierfähig. https://www.youtube.com/watch?v=ysWS5ZYlG4s
Ich überlege, welche Erkenntnis durch das Universalschema erlangt werden kann, bezüglich des Siegeszugs des Elektroherds. Ich mein, wir sind uns einig, dass der Elektroherd dem Gasherd, an der Funktion des Kochens gemessen, unterlegen ist. Um den Vorgang des Siegeszugs zu ermöglichen wurden neue Funktionen eingeführt, so wie das “Nachkochen” (Quatsch) oder die vereinfachende Integration mit dem Backofen. Zugleich wurde die traditionelle Alternative des Gaskochens diskreditiert indem ihm Gefahren oder Preise angedichtet wurden. Ausgeglichener Weise lässt sich sagen, dass mit dem Elektroherd das Kochen diversifiziert wurde. Mit der emisch-systemischen Prozesssteuerung als normatives Analysetool zeichnet sich das Bild eines Pfads aus der Sphäre der Struktur (Elektroherd) über jene der Funktion (Diversifikation des Kochens) zum Vorgang des Siegeszugs. Der Pfad ist dynamisch und zirkulär; er wird getrieben von dem ständigen Zusammenspiel von Beobachtung (Wahrnehmung) und Darstellung, auf das Subjekt (die Struktur) bezogen. Denn selbstvertändlich referiert der Siegeszug des Elektroherds zurück auf die übergeordnete Strukturen der technischen Alternativen fürs Kochens sowie die individuelle Praktiken. Diese Strukturen provozieren dann wieder neue Marketing-Funktionen, die den Siegeszug bekräftigen oder, wie hier besprochen, relativieren. So kommt die emisch-systemische Prozesssteuerung ohne den “Aspekt Umfeld” aus und schafft so ein in sich geschlossenes Modell der Realität.